Ausgabe März / April 2024 | Theater

Leuchtturm für die Kultur

Schon die Architektur des 1994 neu gebauten Theaters im oberfränkischen Hof macht Lust auf einen Theaterbesuch. Auf einem Band mit einem leuchtenden Goethe-Zitat wird das Publikum ins Haus geleitet, das mit seinem komplett verglasten Foyer große Offenheit ausstrahlt. Wer sich nähert, sieht aber auch gleich den Kern dessen, was hier passiert. Der imposante Bühnenturm, zu den Vorstellungen stimmungsvoll von außen ­beleuchtet, steht frei und ist ein markanter ­Orientierungspunkt – ein kultureller Leuchtturm für die Stadt und die ganze Region.

Text: Philipp Brammer | Fotos: Harald Dietz Fotografie
Theater Hof
Theater Hof

Daß die Stadt Hof dieses Thea­ter hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Im oberfränkischen Hof wurde bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts gelegentlich der Rathaussaal an Wanderbühnen vermietet, bevor man sich entschloß, ein eigenes Theater zu gründen. Für einen Theaterneubau war zunächst kein Platz, darum wurde eine säkularisierte Kirche umgebaut. 1894 zog das Theater um in ein neugebautes Gebäude, das privat finanzierte „Pfaff‘s Colosseum“. Die Nationalsozialisten machten aus dem Haus das „Grenzlandtheater“; erst 1948 bekamen die Hofer Bürgerinnen und Bürger „ihr“ Theater wieder. Es wurde in seiner heutigen Form neu gegründet. Bis 1994 blieb es im „Colosseum“, nun Stadttheater, bis es baufällig wurde und der Theaterneubau realisiert werden konnte.

Jeder Intendant seither prägte das Haus und setzte neue Akzente im Theater und in der Stadt. Seit 2012 tut das auch Reinhardt Friese. Er profitiert dabei wie seine Vor­gänger vom enormen Rückhalt in der Stadt. „Das Großartige in Hof ist: Das Theater ist verwurzelt, in der Bevölkerung und in eigentlich allen politischen Parteien“ sagt er. Um diese besondere Beziehung zwischen der Stadtgesellschaft und dem Theater zu pflegen, stellt sich das gesamte Haus der Aufgabe, jede Aufführung in der gebotenen Qualität herzustellen. Steht das Wort „Provinztheater“ im Raum, reagiert Friese entschieden: „Die Leute in Hof haben auch Internet, und wir machen hier Theater, das sie an ­ästhetischen Entwicklungen teil­haben läßt.“ Sein Erfolgsrezept für einen guten Spielplan ist ein Grundgedanke, der auch viele andere ­Häuser leitet: „Grundsätzlich muß ein Stück viele Menschen bewegen, und die Fragestellungen sollen auch im Alltag nützlich sein. Dann nehmen die Besucher etwas mit ins Alltägliche, und das ist ­wunderbar.“

Dabei geht es nicht nur um die leichte Muse, auch sperrige Themen sind erfolgreich. „Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man das Publikum nicht ausrechnen kann. Wir haben ein Stück gemacht, das sich mit Sterbehilfe befaßt – „Wenn Rosenblätter fallen“ – und konnten gar nicht genug Vorstellungen herbringen.“

WIE EINST IM MAI – Auch die Operette hat einen Stammplatz in jedem Spielplan
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„Hochfranken-Broadway“

HOSSA! – DIE HITPARADE 4 – Der Kult-Schlagerabend am Theater Hof
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Ein wichtiger Rückhalt für den Erfolg des Theaters ist das Haus selber. Die vier Sparten Schauspiel, Musiktheater, Ballett und Junges Theater und eine große Vielfalt im Programm bietet das Theater Hof seinem Publikum. Die Spielpläne Reinhardt Frieses sind stark geprägt durch Uraufführungen, deutsche Erstaufführungen und Auftragswerke. Auf den beiden Bühnen im Theater Hof kann man ein buntes Programm aus Schauspiel, Ballett, Opern und Operetten sowie Musicals erleben. Dabei werden die Solistinnen und Solisten des hauseigenen Musiktheaterensembles von einem stimmgewaltigen Chor und zahlreichen Gästen unterstützt. Vom Orchestergraben aus begleiten die Hofer Symphoniker, mit denen das Theater Hof bereits seit 1948 eine enge künstlerische Kooperation unterhält, die Musiktheateraufführungen. Das Genre Musical hat sich zu einer echten Institution am Theater Hof entwickelt und sich als „Hochfranken-Broadway“ auch überregional einen Namen gemacht. Seit Beginn der Intendanz von Reinhardt Friese kamen zahlreiche Welturaufführungen, deutschsprachige Erstaufführungen von Broadway-Hits und Revivals selten gespielter Stücke auf die Bühne – das dürfte in der deutschsprachigen Stadttheaterlandschaft einmalig sein.

Auch das junge Publikum erfährt viel Wertschätzung. Das Junge Theater bietet ein breites Produktions- und Mitmachspektrum mit vielfältigen eigenen Stücken, Spielclubs und Tanzkursen zum Mitmachen sowie Fortbildungen für Pädagoginnen und Pädagogen. Neben dem Familienstück, das jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit läuft, hält das Junge Theater auch viele mobile Produktionen bereit, die nicht nur im Theater, sondern auch in Kindergärten, Schulen, Parks usw. aufgeführt werden.

… alles gemeistert

Und selbstverständlich wäre kein Theater möglich ohne die Menschen hinter der Bühne. Mit rund 170 Beschäftigten aus ca. 20 Nationen herrscht am Theater Hof eine multikulturelle und dynamische Arbeitsatmosphäre mit den unterschiedlichsten Gewerken – von Schneiderei und Maske über Verwaltung, Beleuchtung, Ton-, Haus- und Bühnentechnik bis hin zu den Werkstätten mit Schlosserei, Malsaal und Schreinerei. Bei uns sind Kunst und Handwerk eng miteinander verknüpft, denn fast alles, was für die Produktionen benötigt wird, wird selbst hergestellt – egal ob Bühnenbild, Kostüme, Maske oder Requisiten.

DIE ZAUBERFLÖTE – Überraschende Inszenierung und ganz neue Dialoge
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Schon seit vielen Jahren ist das Theater Hof außerdem als Ausbildungsbetrieb in den Bereichen Schneiderei, Maske, Marketing/Mediengestaltung und Veranstaltungstechnik (Kombination aus Licht-, Ton- und Bühnentechnik) tätig. Das Theater führt seine Lehrlinge mit hoher Ausbildungsqualität ans Ziel, und das äußerst erfolgreich. Erst 2021 wurde eine der Auszubildenden als beste Nachwuchs-Maßschneiderin Bayerns aus­gezeichnet.

Intendant Reinhardt Friese hat in seiner Amtszeit Herausforderungen meistern müssen, wie wahrscheinlich kein Intendant vor ihm: die notwendige technische Sanierung der veralteten Bühnentechnik, während der der Theaterbetrieb in der Ausweichspielstätte „Schaustelle“ weiterging; die Pandemie mit den bitteren Hausschließungen, einen großen Wasserschaden auf der frisch sanierten Bühne und viele weitere große und kleine „Überraschungen“, die ein Theaterbetrieb mit sich bringt.

Nachdem dies alles gemeistert wurde, kann sich das Haus auf die bevorstehenden Projekte konzentrieren. Im Schauspiel stehen noch Inszenierungen aus wie Molières „Menschenfeind“ und Alexis Mi­chaliks Erfolgsstück „Vorhang auf für Cyrano“, ebenso aufregende Premieren im Musiktheater wie das Musical „Zorro“ oder die Auftragsoper „Dante“ vom amerikanischen Filmkomponisten Patrick Cassidy. Am Ende der Saison beendet Reinhardt Friese seine Zeit in Hof auf eigenen Wunsch. Man darf gespannt sein, welche Prägungen und Akzente der nächste Intendant Lothar Krause in die Stadt Hof und ihren Leuchtturm der Kultur bringt.

Weitere Informationen unter:
www.theater-hof.de

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