Editorial von Wolf-Dietrich Weissbach | Ausgabe Oktober / November 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

Bayern, Franken im Herbst. Es gibt gefühlt wieder mehr Insekten, nur sind die oft noch zu klein, um die Medienschwelle zu nehmen. Andererseits ist der Krieg in der Ukraine auch nicht mehr jeden Tag in den Top-Nachrichten. Das Erstarken der Rechten? Okay, die haben zur Zeit einen Lauf! Wie, wenn Kinder Kinder ermorden? Das ist auf jeden Fall ein Aufreger. Vor allem: Man kann nichts tun. Und doch beschleicht den braven Bürger das Gefühl, mit unserer Kultur könnte irgendetwas nicht mehr stimmen. Warum sonst gibt es so viele Podiumsdiskussionen, Party Slams zum Thema Kultur. Fast alle, bis hin zu den Politikern, wollen die Kultur fördern. Doch welche Kultur genau? Nur warum eigentlich? Auf den besagten Veranstaltungen erfährt man dazu kaum etwas. Sowohl auf dem Podium wie im Publikum scheinen sich alle ganz sicher zu sein, jeder wüßte, wovon die Rede ist. Kultur, das hat doch mit Kunst zu tun oder mit Musik. Klar, Taylor Swift oder mindestens Helene Fischer – wobei wir uns Florentina Holzinger loben, die tritt wenigstens gleich nackt auf. Im Ernst: Wenn beim besagten Infotainment der Schriftzug Kultur aufploppt, dann geht es um Events. Und dies vor allem auch in der Provinz. Da werden Konzertveranstalter gefördert, sofern sie wenigstens etwas Publikumsinteresse versprechen, was die Frage, warum man sie fördern soll, gewissermaßen mit den Füßen beantwortet. Und das Schlimmste, die Künstler, die sog. Kulturschaffenden wissen selbst oft nicht, warum sie gefördert werden sollten, abgesehen davon, daß sie es einfach wert sind. Es mag Zeiten gegeben haben, da haben Kritiker diese Nachweise geliefert. Die Zeiten sind vorbei. Selbst die großen überregionalen Zeitungen … aber das ist ein anderes Thema. Die Künstler haben die Nachweise heute weitgehend selbst zu erbringen, einem fragwürdigen Markt kann man das nicht überlassen. Und dann bräuchte es noch eine vertrauenswürdige Instanz, die diese Nachweise beurteilt. Wird darauf verzichtet, überläßt man dies einfach dem Zufall, dem sogenannten freien Spiel der Kräfte, dann könnten es gerade die Künstler sein, die gesellschaftliche Tendenzen befördern, die wir, wir als demokratische Gesellschaft, nicht unbedingt haben wollten. Künstler, Kulturschaffende ohne eine Kritik sind so gefährlich wie Verschwörungsschwurbler.

Zugegeben, wir sind gegenwärtig nicht bester Laune und ringen darum, unseren Glauben, an das Gute im Menschen nicht zu verlieren. Das Ergebnis dieses Ringens halten Sie gerade in Händen. Wir hoffen, daß sich unsere Mühe gelohnt hat.

Wolf-Dietrich Weissbach, Chefredakteur

Wolf-Dietrich Weissbach
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