Ausgabe September / Oktober 2020 | Politik & Gesellschaft

Stadt ohne Juden

„DenkOrt Deportationen 1941 bis 1945“ – eine Kritik (und ein Sonderdruck mit einer Erwiderung und einer Erwiderung der Erwiderung)

Text + Fotos: Wolf-Dietrich Weissbach

Er wollte wohl nur Judenhasser etwas zur Besinnung bringen; angeregt von der Schmiererei „Juden raus“ in einer öffentlichen Toilette in Wien verfaßte der bis dahin eher mäßig populäre österreichische Schriftsteller Hugo Bettauer „Die Stadt ohne Juden – einen Roman von übermorgen“. Die im Wien, Utopia genannt, der 1920er Jahre spielende Satire erzählt mit einer aus heutiger Perspektive regelrecht prophetischen Weitsicht in Bezug auf die Geschehnisse im Dritten Reich von der Ausweisung der Juden aus der Stadt, weil sie vom der seit Jahrhunderten „erprobten“ antisemitischen Rhetorik erlegenen Volk für Inflation, Arbeitslosigkeit, für alle negativen gesellschaftlichen Entwicklungen verantwortlich gemacht wurden.

Für Bettauer bedeutete es den Durchbruch; sein Roman verkaufte sich hunderttausendfach, wurde in viele Sprachen übersetzt und 1924 unter der Regie von Hans Karl Breslauer verfilmt. Wenige Monate nach der Premiere des Stummfilms wurde Bettauer von einem NSDAP-Mitglied in seinem Büro erschossen. (Der Täter ging weitestgehend straffrei aus.) Bedrückend sind in dem von Berlin bis New York erfolgreich gezeigten Film die Bilder, wie die Juden in langen Elendsmärschen ihre Heimat verlassen oder in Zügen abtransportiert werden. In Utopia wird die Vertreibung der Juden mit einem Feuerwerk gefeiert – die Ernüchterung aber folgt gewissermaßen auf dem Fuß: Ohne Juden wird alles noch schlimmer. In dem lange als verschollen gegoltenen, 2015 auf einem Pariser Flohmarkt wiederentdeckten und 2019 vollständig wiederhergestellten Film (in dem auch Hans Moser erstmals in einer Rolle zu sehen ist) geht die Geschichte gut aus. Nachdem in der Stadt wegen der Vertreibung Kultur und Wirtschaft zusammenbrechen, werden – auch dank der List eines Künstlers – die Juden zurückgerufen. Die ersten Ankömmlinge trägt man auf den Schultern in die Stadt. Romanautor und Regisseur konnten sich offensichtlich das, was kaum zehn, fünfzehn Jahre später tatsächlich geschah, nicht im Entferntesten vorstellen.

Man darf mit der Erinnerung nicht fahrlässig umgehen

Die Frage ist, ob wir über die heute erforderliche Phantasie verfügen. Angesichts der Ausführungen des Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang Anfang August zum Antisemitismus, in dem heute Verschwörungsphantasien oft noch mit Rechts- wie Linksextremismus konvergieren, angesichts des Umstandes, daß es offensichtlich wieder jüdische Bürger gibt, die sich ernsthaft fragen, wann (vielleicht auch für sie als Bürger überhaupt) der Zeitpunkt gekommen ist, das Land zu verlassen, haben wir wohl allen Grund, beunruhigt zu sein. Es läuft gegenwärtig einiges schief in der Welt ohnehin, wie eben auch bei uns, direkt vor unserer Tür. Wissenschaft und Politik – so sie sich nicht auf die Seite der Populisten, die auf alles eine richtig falsche Antwort haben, geschlagen haben – zeigen sich ratlos. Wir leben, so der Philosoph Gerhard Gamm (Lettre 76), in einer perplexen Gesellschaft, die in ihrer permanenten Wissensproduktion im gleichen Maße das Nichtwissen erzeugt, das von sich immer wichtiger nehmenden, zugleich immer unbedeutenderen Individuen zu abstrusen, sich zirkulär selbstbestätigenden Konstrukten „verbastelt“ (IKEA-Effekt / Sascha Lobo) wird – zumindest wenn ein moralisches Korrektiv fehlt. Was jedoch auch bedeutet: Wir sind alle für das, was – zumindest in unserem unmittelbaren Umfeld – schiefläuft, mitverantwortlich, wie Eltern für ihre Kinder.

Nun, es sollte in ein paar Sätzen nur angedeutet werden, daß die Beurteilung eines DenkOrts (ohnehin eine seltsame, allenfalls sprachmodische Wortschöpfung) nicht gelingen kann, wenn fünf Meter daneben – also knapp außerhalb des angewiesenen Ortes – das Denken wohl aufhören darf. Ohne dezidiert die deutsche Erinnerungspolitik wie auch überhaupt die sich diachron ständig verändernde, und auch synchron sehr unterschiedliche Erinnerungskultur für die Erfolge der AfD verantwortlich zu machen, ihr den immer weiter um sich greifenden Vertrauensverlust der sog. bürgerlichen Parteien wie der Medien, oder schließlich den Anstieg politisch motivierter, vor allem rassistischer und antisemitischer Straftaten anzulasten, könnte es dennoch angezeigt sein, gerade auch unsere „Erinnerungskultur“ nach Versäumnissen und Fehlleistungen zu befragen. Gleich gar, wenn ein Großteil der angedeuteten asozialen Bewegungen offensichtlich, bewußt oder versehentlich, in unserer unseligen Vergangenheit Ideologie aufsaugt. Und sei es nur, um mit dem nach meiner Kenntnis weitgehend unbelasteten Novalis (Herrnhuter Brüdergemeine) die moderne demokratische Gesellschaft darauf zu verweisen, nicht „fahrlässig mit der Erinnerung umzugehen“. Genau dies aber muß man den Schöpfern des „DenkOrts Deportationen“, bis hin zu unglücklich gewählten Metaphern wie „Der Weg ist das Ziel“ oder „sichtlich zufrieden: ein langer Weg liegt hinter uns“ in ihren Ansprachen, vorhalten, der am 17. Juni 2020, siebenundsiebzig Jahre nach einer Deportation von jüdischen Bürgern mit zwei Zügen von Würzburg in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Theresienstadt, der Öffentlichkeit übergeben wurde.

Fotografie als Komplize der Tat

Der gewiß gut gemeinte DenkOrt ist eben nicht so gewissenhaft durchdacht, wie es – zumindest in journalistischer Prüfung – sein sollte; die Skulptur in ihrer banalisierenden Eventästhetik groß und schwer und bunt, wird – selbst wenn noch einige Koffer hinzukommen – sicher schwerer, aber keinesfalls gewichtiger. Übrigens mußten mit ziemlicher Sicherheit bei der Deportation die Gepäckstücke nicht in Würzburg zurückgelassen werden. Nun sollte der DenkOrt für die Nachfahren der Opfer und die Nachfahren der Täter aber auch noch Verschiedenes leisten und wird dem aber nicht gerecht. Der Historiker Dan Diner sprach bereits vor über 30 Jahren in solchem Zusammenhang von einer „negativen Symbiose“, die das Verhältnis von Juden und Deutschen wohl für Generationen bestimmen würde. Juden und Deutsche müssen mit Auschwitz leben. „Beide leben in jeweils notwendig anderer, ja gegensätzlicher Weise mit der Erinnerung an das Ereignis, bzw. sind bemüht, ihr auszuweichen.“

Für die Opfer bzw. die Nachfahren der Opfer kann ein derartiges Heterotop, bei dem es in der Tat vorrangig gar nicht auf die Form ankommt, solange sie nur nicht verletzend, nicht herabsetzend, sondern ehrlich ist, den Sinn des Denkmals, des Gedenkens erfüllen. Schließlich vermögen schon leise, blasse Engramme, Erlebnisbilder intensive persönliche Erinnerungen auszulösen. So wie das Lächeln einer fremden Person an eine innig geliebte, längst verstorbene Großmutter erinnern kann, nur weil es einen Moment in winzigen Zügen dem ihren ähnelt; so wie auch traumatisches Geschehen in der Vergangenheit durch flüchtigste Anlässe zu gefühlskräftigen Erinnerungen führen kann. In diesem Sinne sind die Nachfahren der Opfer „Wächter der Erinnerung“, ohne wirklich Vorgaben machen zu müssen, wie die Nachfahren der Täter das Gedenken einzulösen, zu verwirklichen haben. Der Nachfahre der Täter freilich muß sich in Anbetracht eines ihn betreffenden Mahnmals, sei es kraft Zuschreibung, sei es gesellschaftlicher Zugehörigkeit, Abstammung, Verwandtschaft mit einem ihm mindestens unangenehmen, auf jeden Fall aber gesellschaftlich, sozial geächteten Geschehen rational auseinandersetzen (können). Er muß sich selbst, ob er will oder nicht, zu einem „Zivilisationsbruch“ in Beziehung setzen, weshalb nun aber die Form bis in die kleinste Kleinigkeit von Bedeutung ist. Das Mahnmal sollte und darf die rationale Auseinandersetzung nicht behindern. Und wenn nun aber eine „Puppenstube“ für den Nachfahren der Täter den Anlaß des Mahnmals unstatthaft banalisiert?

Das glatte, glättende, allzu offensichtlich gedankenlose, verkitschende, unsensible Nachbauen einer Fotografie der Gestapo verdeckt dann schlicht, was doch offenbart werden sollte. So als wäre „embedded“, also das im Auftrag der Gestapo erstellte und „freigegebene“ Foto neutral, wertfrei und nicht die Deportation, die deportierten Menschen aus propagandistischen Gründen noch verhöhnend (hierzu: H.G. Adler, Der verwaltete Mensch. Tübingen 1974). Eine Fotografie kann ein bloßes Dokument, mag bloße, eigentlich sogar bedeutungslose Oberfläche sein, wird aber zum Komplizen einer Tat (und bleibt dies), wenn ihr plötzlich für einen anderen, sagen wir vorsichtig: staatstragenden Kontext Bedeutung zugesprochen, wenn ihr – und sei es nun aus erzieherischen Gründen – etwa gar durch eine kollektiv gebilligte Übersetzung, Übertragung in einen anderen Seinsbereich, eine andere Dimension, eine womöglich weihevolle Überhöhung zuteil werden soll. Die Bilder – man möge den drastischen Hinweis verzeihen, der jedoch durchaus angemessen ist – von der Enthauptung amerikanischer Geiseln, die seinerzeit die islamistische Terrororganisation IS verbreitet hat, können auch nicht dafür verwendet werden, Menschlichkeit zu propagieren, selbst dann nicht, wenn sie von Gerhard Richter sozusagen ästhetiziert würden.

Der Holocaust ist künstlerisch nicht darstellbar

Dabei ist das Präsentieren von Porträtphotographien gerade noch zu rechtfertigen – man wollte sie eben nicht einfach auf den Boden stellen.

Jeder Versuch emphatischen Nacherlebens kann, gemessen am unvorstellbaren Ausmaß des Schreckens, der, laut Hannah Arendt schon juristisch nicht mehr zu fassenden Verbrechen, der Gewalt, der kollektiven Geisteskrankheit, wie sie von Zeitzeugen geschildert, von der historischen Wissenschaft erforscht wurde und noch immer wird, nur als Lüge, als verharmlosende Deckerinnerung angesehen werden. Man sollte, … man muß, soll es nicht nur um einen melodramatischen Effekt (mit eventuell unerwünschten, aber eben in Kauf genommenen Wirkungen) gehen, bei einem derartigen Projekt auf über jeden Zweifel weitestgehend erhabene Stimmen hören. Sehr rigoros: Theodor W. Adorno („Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch.“) oder zumindest den französischen Filmemacher Claude Lanzmann, der für sein über neunstündiges Filmwerk „Shoah“ (1985) die Erinnerungen von Holocaust-Überlebenden (ohne eingeblendetes, dokumentarisches Material) aufzeichnete.

Für den 2018 im Alter von 92 Jahren gestorbenen Lanzmann war klar, der Holocaust ist künstlerisch nicht darstellbar. Es war für ihn unverständlich, daß ein Steven Spielberg nach einem Film wie „Shoah“ noch seinen Film „Schindlers Liste“ drehen konnte. Nur, auch die Deportation als streng zum Holocaust gehörig, ist künstlerisch nicht darstellbar. Was widrigenfalls, bezogen speziell auf den Würzburger DenkOrt, dazu führen kann, daß arglose Passanten im Vorbeigehen an das Gepäck einer Reisegruppe auf dem Weg in den Urlaub denken; und läsen sie die (zweifellos sorgfältig erarbeiteten) Informationstafeln ohne Vorbildung in eine Gemütslage verfallen könnten, die Habbo Knoch in seinem über 1000seitigen Werk „Die Tat als Bild“ (Hamburg 2001) als die vor allem die Erinnerungskultur der ersten Nachkriegsjahrzehnte kennzeichnende, aber noch immer festzustellbare „indifferente Entsetztheit“ bezeichnen könnte. Ein diffuses Gemisch aus Erschrecken, Unbehagen, Resignation, Selbstmitleid, vielleicht auch Ärger und Zorn auf die Generation der Eltern und Großeltern, was u.U. auch die Erinnerungskultur verändert, weil sie ebenfalls oft schon verstorben sind und von ihren Kindern nicht mehr persönlich „angeklagt“ werden … andererseits sind die dezent-bunten, oft in Details verliebten Koffer und Decken schön anzusehen. Und überhaupt steht man ja nicht auf dem Ort (vom Schotter abgesehen) der Tat; das eigentlich Schreckliche (die Ermordung) ist nicht hier, sondern woanders geschehen. Weshalb man auch problemlos seine Mittagspause auf den Sitzgelegenheiten verbringen kann. Darüber hinaus paßt dieses Narrativ bestens zur Auffassung nicht weniger Würzburger, die militärisch nicht mehr notwendige Bombardierung der Stadt am 16. März 1945 mache sie ja selbst zu (unschuldigen) Opfern bzw. deren Nachfahren.

Denkmal-Show

Wie auch immer: Gibt es einen genius loci, kann wahrscheinlich am falschen (Denk)Ort auch nicht richtig gedacht werden. Der Würzburger Architekt Manfred Geisendörfer hat als kleiner, fünfjähriger Junge den Abtransport der Juden in der Aumühle beobachtet. Und er hat sich als über 80jähriger leidenschaftlich in mehreren Briefen an die Redaktion der MainPost dafür eingesetzt, daß das Denkmal am Originalschauplatz – was allerdings nach Aussagen der Stadt aus baulichen Gründen nicht möglich wäre – errichtet wird; freilich wollte er auch ein anderes Denkmal. Das Argument, daß man einen Tatort nicht einfach verlegen könne, nur, weil es woanders schöner ist“, für Geisendörfer geradean Geschichtsfälschung, überzeugte die für den DenkOrt Verantwortlichen nicht, sowenig wie seine Einwände gegen das Modell des Architekten und Künstlers Matthias Braun, das laut MainPost vom 7.4.2020 Geisendörfer für „bloße Dekoration und überfrachtet“, als „Show-Denkmal“ bezeichnete. Er forderte (vergeblich) einen schlichten, ruhigen Gedenkort, an dem man zur Besinnung kommen könne.

Gut gemeint, zweifellos; aber eben doch Kitsch pur – zumindest so etwas hätte dem zuständigen Künstler nicht passieren dürfen.

 

Übrigens: Mit Willi Grimm, Bildhauer aus Kleinrinderfeld (Lkr. Würzburg), hätte es einen anderen, renommierten, in der Region lebenden Künstler gegeben, der mit seinem Euthanasie-Denkmal im Kloster Maria Bildhausen gezeigt hat, daß man auf Show und hohle Effekte auch verzichten könnte. Andererseits legte speziell die Initiatorin Benita Stolz – laut Interview in der SZ – besonderen Wert darauf, daß der DenkOrt von möglichst vielen Menschen gesehen wird, wofür es wohl keinen besseren Standort als den Bahnhofsvorplatz geben dürfte, „weil hier nicht schamhaft weggeschaut“ werden könne, weil hier Tag für Tag Tausende Menschen (interessierte, mündige Bürger?) vorbeikämen. Und sie wollte ein soziales, ein modulares, ein wachsendes Denkmal. Sie wollte auf keinen Fall ein Denkmal eines einzelnen Künstlers, sie wollte etwas, „das lebt, das immer wieder neu entstehen muß, an dem viele beteiligt sind“ (SZ-Interview vom 16. Juni 2020). Von den 109 betroffenen unterfränkischen Gemeinden, beispielsweise weil es in ihnen 1933 jüdische Kultusgemeinden gab, steuerten bisher 47 je zwei gleiche, von Künstlern, aber auch Schülern gefertigte Gepäckstücke aus Metall, Holz, Stein oder Beton bei. Eines für den Würzburger DenkOrt als Knotenpunkt eines Netzes von Gedenkstätten der beteiligten Gemeinden, in denen das korrespondierende Gepäckstück verbleibt.

Instrumentalisierte Erinnerungskultur

Die ritualisierte Stilisierung zum Opfer ist ebenfalls fragwürdig.

Seit 2011 mühte sich der Verein „DenkOrt Aumühle e.V.“ unter Vorsitz der Stadträtin Benita Stolz „intensiv“ um die Verwirklichung eines Denkmals zur Deportation der zweitausenddreiundsechzig jüdischen Bürger aus Unterfranken in die Vernichtungslager des Dritten Reiches. Wobei bereits die erste Aktion des Vereins, der „Weg der Erinnerung“ vom Platz’schen Garten zur Aumühle, bei der rund 3000 Menschen sich ritualisiert zu Opfern stilisierten, indem sie Schilder mit den Namen der Opfer vor der Brust trugen, mindestens umstritten war. (Was es mit derartigen Aktionen auf sich hat, erklärt in einem anderen, neueren Zusammenhang – auf Tik Tok schminken und verkleiden sich Jugendliche für kurze Videos als KZ-Insassen – Diane Saltzman vom Holocaust Museum in Washington: „Die Nachahmung von Holocaust-Erfahrungen entehrt die Erinnerung an die Opfer, beleidigt die Überlebenden und verharmlost die Geschichte.“) Und dieser falschen Identifizierung mit den wirklichen Opfern bleibt man bis zum heutigen Tage treu; bei der feierlichen Einweihung des DenkOrtes waren es größere Tafeln mit Porträtfoto. Es wird kein Gedanke daran verschwendet, ob man mit einer derartigen emotionalen, vermeintlich emphatischen Aufladung ganz grundsätzlich die Chance eines Bewußtwerdens vertut. Über all den Aktionen des Vereins – es wurde vor einigen Jahren auch schon einmal der Holocaust getanzt – schwebt zudem, wenn auch nicht lauthals verkündet, ein pädagogischer, erzieherischer Anspruch. Letzterer ist grundsätzlich nicht in Zweifel zu ziehen. Natürlich muß es der Erinnerungspolitik in Deutschland vorrangig darum gehen, daß nie wieder ein solches Regime vom Volk gewollt wird. Ein wichtiger Aspekt könnte dabei sein, Sorge zu tragen, daß es nicht einmal zu einer Abwesenheit des moralischen Sinns (wie dies der NZZ-Autor Wolfgang Sofsky nennt) kommt. Diesbezüglich hätte man sich beispielsweise zu fragen, ob es legitim ist, das Gedenken an konkrete Opfer des NS-Regimes, an Menschen, die nicht vergessen werden dürfen, nun eben im Sinne der gerade angesagten Erinnerungskultur zu instrumentalisieren. (Die Maßgaben und Ausrichtungen der deutschen Erinnerungskultur haben sich in den vergangenen siebzig Jahren ja immer wieder verändert.) Es sollte besser sein, in Schule, Medien, Wirtschaft, Kirche, Staat und Politik rechtem Gedankengut und -umtrieben entschieden, entschlossener entgegenzutreten.

Kurzum: Was gibt es jetzt eigentlich gegen den DenkOrt am Würzburger Hauptbahnhof einzuwenden? Form und Inhalt stimmen einfach nicht überein!

Zu diesem Thema habe ich einen Sonderdruck herausgebracht. Er enthält den Text „Stadt ohne Juden“, eine polemische Erwiderung eines Würzburger Buchhändlers und seinerseits eine Erwiderung – allerdings ohne Polemik – auf die Erwiderung. Der Sonderdruck hier als Blätterkatalog.

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