Ausgabe März / April 2025 | Gesellschaft

Was den Franken gerade wichtig ist – 2

Aus allen Bereichen der Gesellschaft, von der Politik über die Wirtschaft, Religion, Medien, Kultur, Verwaltung, Dienstlei­stung, Arbeit oder ganz lapidar aus der Privatsphäre – wir wollen wissen, was Persönlichkeiten aus Franken gegenwärtig am meisten bewegt, was ihnen Mut macht oder gar schier verzweifeln läßt. Unsere neue Serie ist anspruchsvoll. Wir freuen uns darauf!

Text + Fotos: Wolf-Dietrich Weissbach

Es sind aufwühlende Zeiten, international, national, regional und auch lokal. Die Welt scheint überall in Aufruhr. Gibt es auch Anker? Woran kann man sich halten? Auf der Suche nach Orientierung und vielleicht auch Rettung befragen wir, beginnend mit unserer Ausgabe Januar/Februar 2025, das ganze Jahr über jeweils fünf bis zehn Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Aus allen Bereichen der Gesellschaft, angefangen in der Politik über die Wirtschaft, Religion, Medien, Kultur, Verwaltung, Dienstleistung, Arbeit oder ganz lapidar aus der Privatsphäre – wir wollen wissen, was sie gegenwärtig am meisten bewegt oder auch woran sie sich festhalten, was ihnen Mut macht oder gar schier verzweifeln läßt.

Was sie bewegt

Unsere Auswahl ist natürlich nicht repräsentativ und bedient auch keine Rangfolge nach dem Motto, der oder die Schönste, Größte, Wichtigste zuerst. Ob und was dabei herauskommt, ob das gelingt, was wir uns ganz vage erhoffen … wir haben keine Ahnung. Wie wäre es, wenn zumindest ansatzweise ein Regulativ, ein Korrektiv unserer Medienwelt, die zeitweise unerträglich zu werden scheint, oder überhaupt unseres Zusammenlebens, in dem wir viel zu oft nur noch Gegeneinander sind, bis hin zum Streit, ganz unten durchscheinen könnte? Und ganz nebenbei lernen wir und Sie, unsere Leserinnen und Leser, vielleicht Persönlichkeiten kennen, von denen Sie noch nie etwas gehört haben. Dabei haben wir schon gemerkt: Unsere Serie ist sogar logistisch anspruchsvoll. Wir freuen uns darauf!

Anselm Grün,
Benediktinerpater Abtei Münsterschwarzach

Anselm Grün, Benediktinerpater Abtei MünsterschwarzachZwei Gedanken bewegen mich momentan. Sie scheinen mir in der heutigen Situation besonders wichtig zu sein. Der erste Gedanke: Verstehen statt bewerten. Das ist gerade in unserer polarisierten Gesellschaft die Voraussetzung für ein gutes Miteinander. Wir sind zu schnell bereit, die andern zu bewerten: Die stehen rechts oder links, die sind stockkonservativ oder haben liberale Ansichten und keine Werte mehr. Solche Bewertungen entzweien die Menschen. Zuerst gilt es, die Menschen zu verstehen. Warum denken sie so? Welche Angst steckt dahinter und welche Sehnsucht drücken sie mit ihrer Haltung aus? Wenn wir sofort ihre Einstellung mit Argumenten bekämpfen, gibt es nur Spaltung. Und es geht dann nur um Rechthaberei. Aber Rechthaberei verbindet uns nicht, sondern trennt uns voneinander. Wenn wir bereit sind, den andern zu verstehen, kann ein Gespräch entstehen. Und ein gutes Gespräch verbindet miteinander, auch wenn wir nicht zu einer Meinung gelangen, können wir doch den andern gelten lassen.

Ein zweiter Gedanke ist mir heute genauso wichtig: die Hoffnung. Wir leben in einer aufgewühlten Zeit, in der viele Menschen pessimistisch in die Zukunft schauen. Hoffnung ist nicht Optimismus. Und Hoffnung ist nicht Erwartung. Die Hoffnung gibt uns den Mut, die Wirklichkeit realistisch anzuschauen. Und die Hoffnung geht nicht zugrunde, wenn die konkreten Hoffnungen, wenn die Erwartungen enttäuscht werden. Es gibt – so sagt der französische Philosoph Gabriel Marcel – eine absolute Hoffnung, die darauf verzichtet, sich konkrete Vorstellungen zu machen von dem, was sie erhofft. Sie hofft weiter, auch wenn die konkreten Hoffnungen nicht erfüllt werden.

Viele Menschen fühlen sich ohnmächtig den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten gegenüber, und auch beim Klimawandel haben sie die Hoffnung auf das Abwenden der Katastrophe aufgegeben. Doch die Ohnmacht lähmt uns, und sie schwächt uns. Die Hoffnung gibt uns Kraft, weiterzuarbeiten und diese Welt trotz all des Chaos, das wir erleben, zu gestalten. Die Hoffnung ist lebensnotwendig. Das sagt uns das lateinische Sprichwort „Dum spiro spero = Solange ich atme, hoffe ich“. Und das sagt auch die Säuglingsforschung. Ein Kind kann ohne Hoffnung nicht leben, es stirbt.

Der jüdische Philosoph Ernst Bloch meint, daß nur das wertvoll ist, was von Hoffnung durchdrungen ist und Hoffnung vermittelt. Bei Führungsseminaren stelle ich den Führungskräften immer die Aufgabe, zu überlegen, welche Hoffnung sie durch ihren Beruf vermitteln und welche Hoffnung von ihnen als Person ausgeht. Wenn die Menschen spüren, daß sie in ihrem Beruf Hoffnung vermitteln, dann erleben sie ihre Arbeit als sinnvoll. Und die Hoffnung gibt ihnen Energie. Jeder Beruf vermittelt Hoffnung: Der Arzt und die Krankenschwester vermitteln die Hoffnung auf Heilung, der Lehrer Hoffnung auf Bildung und auf Sinnhaftigkeit des Lebens, der Handwerker Hoffnung auf Zuverlässigkeit und Qualität, der Landwirt Hoffnung auf gesunde Ernährung. Wenn wir hoffen, verwandeln wir auch unser Miteinander in der Gesellschaft.

Prof. Dr. Stefan Leible,
Präsident der Universität Bayreuth

Prof. Dr. Stefan Leible, Präsident der Universität BayreuthIch plädiere in 2025 ganz vehement für Verzahnung, Vernetzung und Verbindung!

Wir stehen vor großen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen – die allesamt nicht mit Spaltung, Polarisierung und Abschottung ­gelöst werden können.

Als Wissenschaftler und als Bürger wünsche ich mir eine deutlich differenziertere Migrationsdebatte, die nicht jede Form der Migration über einen Kamm schert; denn wenn wir dem Fachkräftemangel begegnen wollen, brauchen wir z. B. internationale Studierende. Diese sind in doppelter Hinsicht ein Gewinn. Wer hier gute Erfahrungen macht, sich willkommen, gut betreut und ausgebildet fühlt, der bleibt auch hier. Nur so können wir unseren Bedarf an Fachkräften ­decken, nur so gewinnen wir „neue“ Steuer- und Abgabenzahler. Von der Bereicherung unserer Gesellschaft ganz zu schweigen. Sich das vor Augen zu führen, ist vor allem in Franken wichtig; denn gerade beim ­Werben im Ausland müssen wir uns immer auch gegen den starken Magnet München mit seinen Exzellenzuni­versitäten und gegen die Postkartenattraktivität Oberbayerns ­behaupten.

Wir müssen aber auch in der eigenen Region für uns werben, uns besser vernetzen: Wir müssen regionale Entscheider – etwa in Unternehmen oder kommunalen Gremien – davon überzeugen, daß wir gemeinsam nachhaltig Positives bewirken können, um den vor uns liegenden Transformationsprozeß zu bewältigen. Deshalb verfolgen wir an der Uni Bayreuth z. B. das Ziel, zu einer echten Gründer-Uni zu werden. Wir wollen junge Menschen in die Lage versetzen, die einzelnen Schritte zur Verwirklichung einer Idee – sei es in einem Unternehmen oder als Gründer oder in einem ganz anderen Bereich – zu definieren, sie umzusetzen und dann erfolgreich zu sein. Das Umfeld hier in Franken paßt perfekt dafür; denn es gibt viele mittelständische Unternehmen, die einerseits Vorbildfunktion haben und andererseits vor Herausforderungen stehen, bei denen wir helfen können.

Als Universitätspräsident treibt mich natürlich ein Thema besonders um: die Finanzierung von Forschung, Lehre und Transfer. Wir brauchen eine bessere Grundfinanzierung, die es uns ermöglicht, das hohe Niveau, auf dem wir uns bewegen, auch langfristig zu halten. Das setzt auch eine Auflösung des Sanierungsstaus im Hochschulbau voraus. Denn gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewinnt man für seinen Standort nur, wenn die Infrastruktur stimmt.

Ein Aspekt, der nicht erst seit diesem Jahr stets mitgedacht werden muß, ist Künstliche Intelligenz. Künstliche Intelligenz wird die Art des Forschens in den kommenden Jahren deutlich verändern. Deshalb habe wir in Bayreuth KI als Methode in die einzelnen Fachdisziplinen integriert und KI-Professuren in jeder einzelnen Fakultät eingerichtet. Die so erzeugten Forschungsergebnisse möchten wir selbstverständlich auch Unternehmen und der Gesellschaft insgesamt zur Verfügung stellen. Deshalb muß die Devise zwingend „Verzahnung, Vernetzung, Verbindung“ heißen. Wenn wir das beherzigen, können wir hoffnungsvoll auf das Jahr 2025 blicken.

Dr. Silvia Stolz,
Intendantin des Stadttheaters Fü

Dr. Silvia Stolz, Intendantin des Stadttheaters FürthDie Welt ist in Aufruhr. Überall spüren wir sie, die Erschütterungen – politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich. Gerade in Krisenzeiten suchen Menschen nach Halt. Manche finden ihn in Traditionen, andere in den Kirchen und wieder andere setzen auf Kunst und Kultur.

Für mich ist das Theater ein besonderer Ort, der Halt gibt und gesellschaftlichen Zusammenhalt stiftet. Seit 20 Jahren bin ich im Theater tätig und als Intendantin des Stadttheaters Fürth erlebe ich sie jeden Abend: Die Kraft, die im gemeinsamen Erleben steckt. Gerade das Theater ist in einer Zeit, in der die Gesellschafft immer weiter auseinanderdriftet ein Raum, der Begegnung und Diskussion möglich macht. Der Einfluss von sozialen Medien und Künstlicher Intelligenz nimmt zu, umso wichtiger ist es, dem Unmittelbaren auf der Bühne zu begegnen und sich damit auseinanderzusetzen. Dabei ist jede Szene, jedes Theaterstück auf der Bühne ein Entwurf von Welt, die so sein ­könnte – aber nicht sein muss. Im Theater können wir uns ausprobieren, gemeinsam lachen, weinen, nachdenken – und vielleicht am Ende mit einer neuen Haltung nach Hause gehen.

Wir laden unser Publikum ein, im Theater nicht nur nach Konsens zu suchen, sondern Miteinander, um die besten Ideen zu ringen, in der Identifikation mit der Figur auf der Bühne die Perspektiven zu wechseln, die Empathie zu schulen und so die Fähigkeit zu kultivieren, aufeinander zuzugehen und ins Gespräch zu kommen – unterschiedliche Meinungen wieder auszuhalten. Dieses Wissen darum, dass Theater diese Kraft innewohnt, gibt mir Hoffnung. Zugleich sehen sich in den vergangenen Monaten die Theater in fast allen Bundesländern mit drastischen Einsparungsszenarios der öffentlichen Hand in nie dagewesener Weise konfrontiert. Es geht inzwischen um die Substanz der gesamten Theaterlandschaft – es scheint diese steht zur Disposition. Daneben stellen Kostensteigerungen auf allen Ebenen vor schier unlösbare Probleme. Dabei wäre gerade jetzt, angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen und der politischen Entwicklungen notwendig die Kunst zu fördern – um sicher zu stellen, dass sie in der Zukunft noch frei sein kann.

Das Stadttheater Fürth ist nicht von derartigen Kürzungen betroffen ist. Die Politik hat verstanden, wie wichtig dieses Haus für die vielfältige Bevölkerung dieser Stadt ist. Allerdings gelingt es hier schon lange mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln ­Theater für eine breite Bevölkerung zu machen. Der derzeitige positive Publikumszuspruch, der sich auch in den enorm steigenden Besucherzahlen ausdrückt und die schönen Begegnungen weit über das Theater hinaus, zeigen mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Auch der große Zuspruch für unsere Haltung als „heART of the city“, nicht nur ein pulsierender und lebendiger Ort der Stadt zu sein, sondern als Haus für Toleranz, Vielfalt und unsere demokratischen Werte einzutreten, bestärkt uns. Das kommt nicht von ungefähr, denn Fürth zeichnet sich durch einen besonderen gesellschaftlichen Zusammenhalt aus, der sich auch darin zeigt, dass sich immer wieder viele tausende Menschen vor Ort organisieren, um gegen rechtsradikale Strömungen und für demokratische Werte einzustehen.

Reinhard Hüßner,
Eigentümer der Synagoge in Wiesenbronn / Lkr. Kitzingen und Kreisheimatpfleger des Landkreises

Reinhard Hüßner, Eigentümer der Synagoge in WiesenbronnMich beschäftigt im Moment ganz besonders ein Beitrag in der Zeitschrift Franken-Magazin, Ausgabe Januar/Februar 2025 über Wiesenbronn (S. 54 ff), in dem es auf S. 62 um ein umstrittenes Investorprojekt in der Ortsmitte geht. Offensichtlich hat die Gemeinde unter Mißachtung der im ISEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) zugesagten öffentlichen Bürgerbeteiligung und ohne Information an die direkten Nachbarn, ein innerörtliches Grundstück einem Investor angeboten, der dort ohne Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse ein großes Wohnhaus errichten will. Wohlgemerkt nicht für den sozialen Wohnungsmarkt, sondern für den freien Wohnungsmarkt. Die im ISEK vorgesehene öffentliche Nutzung der Fläche für Stellplätze, Grünfläche und Tagespflege kam in ­einer Nacht- und Nebelaktion ohne öffentliche Diskussion vom Tisch.

Trotz einer „Gestaltungssatzung“ mit für alle Bürger „zwingenden“ Vorschriften, erhielt der Investor vom Bürgermeister bzw. der Gemeinde eine Ausnahme bzw. Befreiung nach der anderen bewilligt. Die ehem. Synagoge, die nicht nur ein besonderer Erinnerungsort mit der Mahnung „Nie wieder“ ist, sondern auch eine umfangreiche, öffentlich zugängliche Dokumentation zum jüdischen Leben zeigt, würde durch den Neubau unwiederbringlich aus dem Ortsbild verschwinden. Deswegen, und weil die Hälfte des Grundstückes nie bebaut war, reichte der Eigentümer der Synagoge eine Petition beim Bay. Landtag ein. Der Petitionsausschuß schlug der Gemeinde vor „zu überlegen, ob die Sichtachse nicht freigehalten werden könne oder in anderer Weise das jüdische Erbe in angemessener Weise sichtbar machen könne“. Überlegt wurde leider nichts. Gegen die Baugenehmigung legte der Eigentümer Rechtsmittel ein, mit der Begründung, der monströse Neubau beeinträchtige das Baudenkmal in unzulässiger Weise. Hingewiesen wurde vor allem auf die ortsbildprägende Westfassade und auf die Funktion der Synagoge als ­geschichtsträchtiger Erinnerungsort.

„Bürgerbeteiligung“, „ortsbildprägend“, „Rücksichtnahme“ oder „Baudenkmal“, sind für Bürgermeister Volkhardt Warmdt im Zusammenhang mit dem profitorientierten Investorvorhaben offensichtlich Fremdworte.“

Durch die Berichterstattung ist jedoch der Eindruck entstanden, daß ich als Eigentümer der Synagoge aus Individualinteressen den Rechtsweg gegen ein mon­ströses Investorprojekt eingeschlagen hätte. Diese Darstellung ist unwahr. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die Rücksichtnahme auf, und die Erhaltung eines gewachsenen, historischen Ortsbildes und der freie Blick auf die Synagoge als orstbildprägendes ­Baudenkmal und als authentischer Erinnerungsort, also öffentliche Interessen, die für Bürgermeister Warmdt vermutlich keine Bedeutung besitzen. Die Behauptung, es ginge mir um den freien Blick durch mein Fenster, ist beleidigend und ehrenrührig. Kann sich Bürgermeister Warmdt nicht vorstellen, daß es auch Bürger gibt, die nicht nur an sich, sondern auch an die Allgemeinheit denken? Als Kreisheimatpfleger gehört genau dies aber ganz nebenbei zu meinen Aufgaben.

Edmund Zöller
Mit 100 Jahren ältester Kreisheimatpfleger in Bayern

Edmund Zöller, mit 100 Jahren ältester Kreisheimatpfleger in BayernInzwischen blicke ich auf 100 Lebensjahre zurück, was mich mit großer Dankbarkeit erfüllt. Niemals dachte ich, daß ich einmal so alt werden würde. Wie sieht mein „Rezept“ für ein solch langes Leben aus? Zufriedenheit, Freude an den „Kleinen Dingen“ des Lebens und Gottvertrauen, ein gesunder Lebensstil und Genügsamkeit in allen Lebensbereichen.

„Heimat ist wo dein Herz wohnt“– das sind vor allem Erinnerungen an die Kindheit und die Jugend. Was bedeutet Heimat für mich und was will ich damit vermitteln?

In meinem Leben konnte ich viel Gutes erfahren, mußte aber auch einige Schicksalsschläge verkraften, zum Beispiel den Verlust meines Bruders Oswald im Zweiten Weltkrieg und den Tod meiner Ehefrau im Jahr 2016. Wir waren 64 Jahre glücklich verheiratet.

Was wünsche ich mir mit 100 Jahren für die Zukunft?

Natürlich steht an erster Stelle die Gesundheit. Obwohl meine Schwerhörigkeit mir sehr zu schaffen macht und die Sehkraft stark nachläßt, bin ich dankbar, daß ich meinen Alltag noch weitgehend selbständig bewältigen kann. Mein täglicher Gang zum Mittagessen im Staatlichen Beruflichen Schulzentrum Ansbach-Triesdorf erfreut mein Herz und gibt meinem Alltag Struktur und Sicherheit. Kurze tägliche Spaziergänge mit dem Gehstock halten mich körperlich fit. Auch das Treppensteigen im eigenen Haus, wo ich noch alleine lebe, gelingt mir fast mühelos. Bei der Versorgung mit Einkäufen werde ich tatkräftig von einem in der Nähe wohnenden Freund unterstützt.

Meine täglichen Mahlzeiten zu Hause sind einfach, aber schmackhaft. Mein Frühstück besteht immer aus zwei Tassen Kaffee mit Milch und Zucker, Weiß- und Vollkornbrot, viel Butter, selbstgemachter Marmelade und Honig.

Das Zeitungslesen hat sich wegen meines schwächelnden Augenlichts in den letzten Wochen reduziert. Das bedauere ich sehr, denn die tägliche Berichterstattung in der Fränkischen Landeszeitung war mir sehr wichtig. Außerdem bin ich ein leidenschaftlicher Sammler von Zeitungsberichten aller Art. Das so entstandene Archiv kann man in meinem Haus einsehen und bewundern.

Nachmittags zur Kaffeezeit bekomme ich ab und zu von treuen Freunden Besuch. Darüber freue ich mich immer sehr, denn nach wie vor sind mir soziale Kontakte sehr wichtig. Ich bin bis ins hohe Alter ein sehr kontaktfreudiger und kommunikativer Mensch geblieben, frei nach dem Motto: „Man muß mit den Leuten reden“.

An den Wochenenden besuchen mich regelmäßig meine beiden Töchter, die mich, so gut es geht, in allen Lebenssituationen unterstützen und beraten. Dafür bin ich sehr dankbar.

Trotz der Entfernung zu den Wohnorten meiner Töchter, München und Thüngersheim, halten wir gut zusammen und bewältigen diese herausfordernde Lebenssituation mit viel Einsatz, Geduld und Verständnis.

Für die Zukunft wünsche ich mir in erster Linie endlich Frieden, den die Welt schon lange nicht mehr finden kann. Mit großem Entsetzen verfolge ich die schrecklichen Geschehnisse in der Ukraine. Mit 19 Jahren war ich als junger Soldat dort zum Kriegsdienst einberufen. Nie hätte ich gedacht, daß ich noch einmal einen Krieg in Europa erleben muß. Das macht mir sehr zu schaffen und stimmt mich traurig. Trotz allen Widrigkeiten des Lebens und der aktuellen Weltlage, blicke ich dankbar und ein bißchen wehmütig auf ein erfülltes Leben zurück. „So Gott will“ werde ich noch eine Zeitlang leben dürfen und blicke voller Hoffnung, Zuversicht, Gottvertrauen und Mut in die Zukunft.

Dr. Christa Standecker,
Geschäftsführerin der Europäischen Metropol­region Nürnberg

Dr. Christa Standecker, Geschäftsführerin der Europäischen Metropol­region NürnbergMir ist wichtig, daß Dinge zusammengedacht werden. Stadt und Land zum Beispiel. In unseren ­Köpfen sind Stadt und Land Gegensätze. Sie unterscheiden sich prinzipiell voneinander. Sie haben unterschied­liche Her­ausforderungen zu bewältigen. Sie bieten unterschiedliche Lebensstile. Sie werden unterschiedlich bewertet in Hinblick auf ihre Zukunfts­fähigkeit. Land ist Tradition. Stadt ist Zukunft. In der Realität sind sie aber mannigfaltig ineinander verflochten. Stadt kann nicht ohne Land, und Land nicht ohne Stadt existieren.

Erstes Beispiel:
Täglich pendeln nach Nürnberg ca. 135 000 Menschen aus den umliegenden Landkreisen ein, um in der Stadt zu arbeiten. Sie verdienen ihren Lebensunterhalt in der Stadt.

Sie fahren Straßenbahnen und Busse, forschen und lehren in Hochschulen, sie bauen Gebäude, schneiden Haare, kochen in Restaurants, arbeiten in Banken und Unternehmen – kurz: sie halten Nürnberg am Laufen. Rund 60 000 Menschen pendeln übrigens auch aus der Stadt in die Landkreise aus, um dort zu arbeiten. Tendenz steigend.

Zweites Beispiel:
Täglich entstehen neue Photovoltaik- und Windkraftanlagen auf dem Land. Dort wird mehr Strom erzeugt als das Land braucht. Die Städte müssen in der Zukunft mitversorgt werden. Sie haben zu wenig freie Flächen. Früher war es umgekehrt, die Städte haben ländliche Räume durch große Kraftwerke mitversorgt.

Drittes Beispiel:
Am Wochenende fahren Stadtbewohner aufs Land, um Natur und regionale Spezialitäten zu genießen. Die Freizeitverkehre in die nahe Umgebung wachsen stetig. Fernweh ganz nah! Für das Land bedeuten sie Einkommen, für die Stadtbewohner Lebensqualität.

Stadt und Land sind komplementär. Sie haben unterschiedliche Stärken. Sie funktionieren nur zusammen, bedingen und stärken sich gegenseitig. Mir ist wichtig, daß Stadt und Land auf Augen­höhe zusammenarbeiten. Wenn Stadt und Land zusammenwachsen, entsteht Wohlstand. Wenn Stadt und Land zusammenarbeiten, entsteht eine nachhaltige Region. Nachhaltige Regionen sind die Sicherheitsarchitektur der Globalisierung.

Einen Hinweis erlaube ich mir noch. In diesem ­Jahre bieten wir: „Futur II – Mobilität 2050 in der Metropolregion Nürnberg – Wie wir es geschafft haben werden!“, so lautet der Titel einer Pop-up-Ausstellung, die aktuell durch die Metropolregion reist: Im vergangenen Jahr vom Zukunftsmuseum in Nürnberg, nach Amberg, dann Bamberg, im Januar/Februar 2025 in das Kulturforum Ansbach, dann folgt Coburg, den Schlusspunkt setzt im Sommer das Porzellanikon in Selb.

Die interaktive Wanderausstellung „Futur II“ ist ein Kooperationsprojekt des Deutschen Museums Nürnberg und des Projektes transform_EMN, das die Automobilzulieferindustrie in der Metropolregion in der Transformation unterstützt.

„Futur II“ nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Zeitreise: Durch einen Zeittunnel gelangen sie in einen futuristischen Transitraum und weiter in das Jahr 2050. In drei Themenräumen berichten KI-generierte Future-Communicators von den gemei­sterten Herausforderungen und dem Leben in dieser neuen Ära.

Ich verspreche Ihnen, die Ausstellung lohnt sich.

Dr. Thomas Jung,
Oberbürgermeister der Stadt Fürth

Dr. Thomas Jung, Oberbürgermeister der Stadt FürthFürth ist meine Heimatstadt. Ich bin sehr dankbar, daß ich hier seit mittlerweile über 22 Jahren als Oberbürgermeister arbeiten und die Entwicklung dieser schönen Stadt aktiv mitgestalten kann. Fürth hat das „Graue Maus-Image“, das ihr lange nachgesagt wurde, längst abstreifen können. Die Kleeblattstadt ist bunt, ist grün, ist vielschichtig und lebenswert.

Wir zählen über 132 000 Einwohner aus über 140 Nationen. Unsere Innenstadt, die jahrelang unter keinem guten Stern stand, ist wieder ein attraktiver Treffpunkt für die unterschiedlichsten Interessen – schöne Geschäfte, ein gut frequentiertes Einkaufszentrum, viel abwechslungsreiche Gastronomie, ein überaus beliebter Wochenmarkt und Feste, die Kultur und Unterhaltung zum Nulltarif bieten.

In Fürth haben immer noch kleine Betriebe und Geschäfte eine Chance, es bilden sich erfolgreich Nischen in allen möglichen gesellschaftlichen Bereichen, aber auch die großen, familiengeführten Unternehmen wie uvex, Kurz, Norma, Simba Toys, Spielwaren-Bruder sind stabil unterwegs und bieten sichere Arbeitsplätze. Seit dem desaströsen Niedergang des Versandhauses Quelle vor 15 Jahren hat sich die Fürther Wirtschaft erfolgreich entwickelt; die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen stiegen in diesem Zeitraum von 38 000 auf 52 000. Auch die Zahl der Erwerbslosen stagniert konstant auf einem erfreulich niedrigen Niveau.

Dank der damit auch einhergehenden guten Haushaltslage können wir in wichtige Projekte für die Gegenwart und Zukunft unserer Stadt investieren: Wir sanieren bzw. errichten zwei große Gymnasien, bieten jedem Kind in Fürth einen Betreuungsplatz, bauen die regenerativen Energien – besonders im Bereich Photovoltaik – aus, wir erneuern die Infrastruktur im Radwege- und Straßenbau, wir sanieren Deutschlands größtes Rundfunkmuseum, errichten eine neue Obdachlosenunterkunft, stellen große Summen für neue Sportstätten zu Verfügung und können, entgegen der Spielräume vieler anderer Städte und Gemeinden in Deutschland, auch unsere Kulturstätten wie das Stadttheater oder die freie Szene in gewohntem Umfang unterstützen.

Dies alles sind keine Selbstläufer. Hinter jeder Maßnahme, jedem Projekt stecken viele Ideen, Überlegungen, harte Arbeit und auch ein wenig glückliche Umstände. Ich bin sehr dankbar, daß die Zusammenarbeit sowohl im Stadtrat als auch in der Verwaltung sehr gut funktioniert, daß die Abstimmung vor allem bei den großen und teuren Vorhaben von Konsens und Pragmatismus geprägt ist. Dazu kommt ein ebenfalls nicht alltäglicher gesellschaftlicher Zusammenhalt in dieser Stadt, der viele Entscheidungen erleichtert und mitträgt.

Ich kann für mich daher nur festhalten: Ich schätze das Leben und Arbeiten inmitten von 2000 Baudenkmälern, in schätze das Gefühl, von jedem Ort in Fürth innerhalb von höchstens zehn Minuten direkt im Grünen zu sein, ich schätze die vielen unterschiedlichen Möglichkeiten, etwas für diese Stadt bewegen zu können, ich schätze die unzähligen Begegnungen, die vielfältigsten Anliegen und vor allem schätze ich die Menschen, die hier leben.

Volkmar Halbleib,
Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag

Volkmar Halbleib, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bayerischen LandtagWas für mich am wichtigsten ist: Vertrauen und Zuversicht!
Wir befinden uns nicht nur in Deutschland in einer Phase spürbarer Verunsicherung. Globale Krisen wie der Klimawandel, geopolitische Konflikte und die weltweite Digitalisierung treffen auf innergesellschaftliche Herausforderungen wie demographische Veränderungen, soziale Ungleichheit, Kulturkämpfe und den Verlust des Vertrauens in politische Institutionen. Die politische Debatte ist zunehmend von Mißtrauen geprägt, wodurch die Fähigkeit, konstruktive Lösungen zu finden, gelähmt wird. Viele Menschen haben das Gefühl, ihre Anliegen würden nicht gehört, und wenden sich entweder populistischen Bewegungen zu oder resignieren.

Die Frage, die mich am meisten umtreibt und deren Beantwortung mir am wichtigsten ist: Wie können Politik und Gesellschaft dieses Vertrauen wiederherstellen und Zuversicht schaffen?

Meine drei Impulse:
1. Die Balance zwischen Streit und Konsens wieder finden!
In einer pluralistischen Gesellschaft ist Streit unverzichtbar. Er ist der Motor, der Ideen hinterfragt, Innovationen anstößt und die Demokratie lebendig hält. Doch ohne das Ziel eines tragfähigen Konsenses bleibt der Konflikt destruktiv. Heute erleben wir oft eine Polarisierung, die aus Streit keinen Fortschritt, sondern Stillstand macht. Das wichtigste Ziel muß daher sein, Lösungen zu erarbeiten, die von einer breiten Mehrheit getragen werden können.

2. Reale Begegnungen statt virtueller Welt!
Die Digitalisierung hat unsere Kommunikation grundlegend verändert. Zwar bieten digitale Plattformen schnelle Verbindungen und breiten Zugang zu Informationen, doch sie fördern oft Oberflächlichkeit und Vereinzelung. Der direkte, menschliche Kontakt hingegen ermöglicht Empathie, Vertrauen und Verständnis – Qualitäten, die keine virtuelle Plattform ersetzen kann. Gerade in Zeiten sozialer und politischer Spaltungen ist die reale Begegnung wichtiger denn je. Wir brauchen Zeit, Einstellung und Räume für reale Begegnungen, in denen wie wieder lernen, miteinander statt übereinander zu sprechen.

3. Ende des Schwarz-Weiß-Denkens
Die großen Fragen lassen sich nicht mit einfachen Antworten lösen. Schwarz-Weiß-Denken führt in die Sackgasse, weil es die Komplexität ignoriert. Wir müssen lernen, statt im Entweder-Oder besser im Sowohl-Als-auch zu denken und zu arbeiten: Fortschritt und Tradition, Freiheit und Verantwortung, Individualität und Gemeinschaft sind keine Gegensätze, sondern ergänzen sich.

Und statt soziale Sicherheit gegen die innere und äußere Sicherheit auszuspielen, sollten sie als ineinandergreifende Bestandteile einer stabilen Gesellschaft verstanden werden. Auch die aktuellen technologischen, ökonomischen und strukturellen Veränderungen lassen sich nur mit einer Bereitschaft gestalten, Ambivalenzen auszuhalten und konstruktiv mit Widersprüchen umzugehen.

Es liegt an uns allen, diese Prinzipien in den Mittelpunkt zu rücken und eine Kultur des respektvollen Dialogs zu fördern. Nur so können wir gemeinsam Zuversicht entwickeln und die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen.

Weitere Zeitschriften vom Verlag Kendl & Weissbach Publikationen

Franken-Magazin

Das Franken-Magazin ist eine unabhängige Zeitschrift – ein Regionalmagazin, das alle 2 Monate erscheint und die mehrseitige Reportage zum Mittelpunkt seines Inhalts erklärt. Das Franken-Magazin zeigt Land und Leute liebevoll von ihrer interessantesten Seite.

Franken-Magazin - Ausgabe 03-04 2023

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