Ausgabe Juli / August 2025 | Kultur

Voll Experimentierfreude

Rolf Sachs stellt in der Kunsthalle Schweinfurt aus.

Text: Eva-Suzanne Bayer
Statuette. Foto: Rolf Sachs
Statuette. Foto: Rolf Sachs

Es wirkt fast wie ein Heimspiel: Rolf Sachs stellt in der Kunsthalle Schweinfurt aus, einem Bau, den sein Urgroßvater Ernst Sachs in den 30er Jahren den Arbeitern seines Unternehmens und der Bevölkerung Schweinfurts als Schwimmbad stiftete. Von 2006 bis 2009 wurde das einst düstere Bad zur lichtdurchfluteten Kunsthalle umgebaut.

Rolf Sachs, Sohn von Gunter Sachs, kennt Schweinfurt, wurde 1955 in Lausanne in der Schweiz geboren, studierte in den USA und in England Wirtschaftswissenschaften, lebte in London und seit 2018 in Rom, wo auch sein Studio angesiedelt ist. Auch die Schweinfurter kennen den multidisziplinären Künstler. Das Interesse an ihm ist rießig.

Porträt Rolf Sachs. Foto: Katja Meuli, 2022
Porträt Rolf Sachs. Foto: Katja Meuli, 2022

Rolf Sachs stellte seine Möbel, Leuchten, Skulpturen, Objekte, Installationen, Fotografien und Gemälde an so gewichtigen Adressen wie im Victoria and Albert Museum London, dem Museum für angewandte Kunst Köln, im Museum für angewandte Kunst Wien und der Guggenheim Collection Venedig aus.

Schweinfurts Industriellen­familie Sachs

Der Name der Industriellenfamilie Sachs freilich ist in Schweinfurt nicht nur mit der Geschichte der Stadt verbunden, sondern auch mit der Kunst. Die Fotografien von Rolfs Vater Gunter Sachs waren bereits 2013 und 2019 in der Kunsthalle zu sehen. Als Kunstsammler von Pop-Art und dem französischen „Nouveau Réalisme“ hat er sich ebenfalls Anerkennung verschafft.

Für die umfassende Werkschau der Arbeiten von Rolf Sachs aus den letzten 35 Jahren steht das gesamte Erdgeschoss der Kunsthalle zur Verfügung. Sachs stellt seine Ausstellung unter den vieldeutigen Titel „be-rühren“. Zum einen, weil das Werkmaterial, seine Haptik und Taktilität, also sein sinnlicher Wert, im Mittelpunkt seines Schaffens steht und er bei seinen gestischen Gemälden mit den Fingern direkt auf die Leinwand malt und nicht mit dem Pinsel. Zum anderen, weil er mit den oft so puristisch und gleichzeitig ein wenig verspielt wirkenden Objekten, die Betrachter geistig und seelisch in Schwingungen versetzen, also „berühren“ möchte. Anders als üblich ist die Ausstellung nicht chronologisch geordnet, sondern bündelt Objekte und Installationen in Werkgruppen. Das entspricht genau dem Arbeitsprozess des Künstlers.

Allure. Foto: Rolf Sachs Studio
Allure. Foto: Rolf Sachs Studio

Form und Hintersinn

Koln Half Chair, 1992. Foto: Rolf Sachs Studio
Koln Half Chair, 1992. Foto: Rolf Sachs Studio

Von Beginn an bestimmen Neugier, Sensibilität für die jeweiligen Werkstoffe und Experimentierfreude sein Schaffen. Er begann mit Möbeldesign, entwickelte Stühle, Sessel und Schreibtische, die oft ihre ursprüngliche Funktion unterwandern und das Gebrauchsstück in ein absurdes Objekt verwandeln.

Puristische Form und surrealer Hintersinn prägen auch seine Skulpturen, oft mit Neonlicht und Glas oder Holz gestaltet. Aus der Zusammenführung von Materialien, die sich in Stofflichkeit, Gebrauchszweck und Form niemals in der Realität begegnen, springt ein poetischer Funke auf den Betrachter über und gibt den Alltagsgegenständen eine schillernde, vom verrätselten Titel noch unterstützte, Bedeutung. Zu den Werkserien der Objekte gehören auch vier große Vitrinen, die jeweils mit Heu, Rosshaar, Wolle oder Kuhmist gefüllt sind. Wie Joseph Beuys und die Künstler der Arte Povera arbeitet er häufig und als Gegengewicht zu seinen kühl minimalistischen Skulpturen aus Glas und Neon mit Naturmaterialien. Auch seine Stühle aus Silikon, Schiefer, Wachs oder Filz gehören in diese Werkreihe. Bodenständigkeit trifft auf Formstrenge – und häufig sind Witz und Humor dabei. Seine Inspirationsquellen sind so unterschiedliche Kunststile wie Konstruktivismus, de Stijl, der Minimalismus von Donald Judd, aber auch Beuys oder der Surrealismus.

Frühling. Foto: Rolf Sachs Studio
Frühling. Foto: Rolf Sachs Studio

Experimentelle Fotografie

Dirty thoughts. Foto: Rolf Sachs Studio
Dirty thoughts. Foto: Rolf Sachs Studio

Während des Lockdowns konzentrierte sich Rolf Sachs auf die Fotografie und experimentierte auch hier mit den technischen Möglichkeiten, indem er Langzeitbelichtungen mit Blitzlicht kombinierte. An der Serie „Camera in Motion“ arbeitete er ein Jahr lang und lädt das Publikum zu einer Reise mit der Albula-Bahn ein. In der Langzeitbelichtung erscheint die vorbeigleitende Landschaft wie eine unscharfe, verwischte Folie; ab und zu fokussiert er auf den Aufnahmen einen bestimmten Gegenstand. So schafft er Gleichnisse auf die Flüchtigkeit des Lebens und den Zufall der Wahrnehmung. Erst in allerjüngster Zeit widmet sich Sachs auch der Malerei, einer farblich sehr behutsamen abstrakten Malerei mit leicht figurativen Anklängen. Auch hier hält er sich nicht an gängige Praxis. Er malt ausschließlich mit den Fingern um einen engeren Kontakt zu dem Malgrund zu erhalten und er verwandelt die sonst flache Leinwand quasi zu einer Skulptur, indem er sie zusammenknäult. Künstler und Arbeitsmaterial kommen so in eine unmittelbare Interaktion, Bewegung und Berührung des Künstlers wirken auf das Werk ein. Dementsprechend heißt eine Serie „Touchée“ (Berühren), aber auch die „Can-Paintings“ und die „Défroissages“ sind in der Großen Halle der Kunsthalle dabei. Auf diese Ausstellung darf man gespannt sein.

Angst. Foto: Bryan Slater
Angst. Foto: Bryan Slater

Ausstellung „Rolf Sachs be-rühren“,
18. Juli bis 5. Oktober,
Kunsthalle Schweinfurt,
Sparkassengalerie Schweinfurt.
www.kunsthalle-schweinfurt.de
Ein vielfältiges Begleitprogramm zur Ausstellung macht die Kunst von Rolf Sachs erleb- und buchbar.

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