Hier wächst der Wald in Richtung Zukunft
Im oberfränkischen Wallenfels fällt der Startschuss für das regionale Partnerprojekt „Zukunft Holz-Transformation einer Holzregion“. Geforscht wird nach innovativen Konzepten, um aus dem vom Klimawandel gebeutelten Frankenwald einen gesunden und resistenten Nutzwald zu machen.
Text: Sabine Raithel

Es ist ein Moment, der das Zeug hat, in die Geschichtsbücher des Landkreises Kronach einzugehen. Der Ort hätte dafür nicht besser gewählt werden können. In Wallenfels leben die Menschen seit Jahrhunderten von und mit dem Wald. Die Flößer-Gemeinde steht sinnbildlich für die Blüte, aber auch die Nöte des Wirtschaftssektors. In der bis auf den letzten Platz besetzten Schärfkammer des Sägewerks Müller-Gei hat sich an diesem Tag alles eingefunden, was im Landkreis Kronach mit Wald oder Holz zu tun hat: Waldbesitzer, Sägewerker, Vertreter holzverarbeitender Unternehmen, aber auch die regionalen Wirtschaftsförderer sowie Vertreter aus Politik und Wissenschaft. Sie sind dabei, als der Startschuss für das Projekt „Zukunft Holz – Transformation einer Holzregion“ fällt. Es ist, wie es der Kronacher Landrat Klaus Löffler in seinem Eingangsstatement sagt, „ein gemeinsames Bekenntnis, den Wald und damit die DNA der Region, mit vereinten Kräften lebensfähig zu halten und zu einem klimaresistenten Nutzwald umzubauen.“ Und möglicherweise könnte dies der Beginn einer Zeitenwende für den Frankenwald und die Menschen sein, die von ihm leben.
Lange Trockenjahre, Hitzewellen, Stürme und Borkenkäferbefall nagen am Lebensnerv des Frankenwalds. 37.500 Hektar misst die gesamte Waldfläche im Landkreis Kronach. Noch vor sechs Jahren waren davon 28.000 Hektar Fichtenwald. Mittlerweile sind über 8.000 Hektar völlig kahl. Die Gesamtschadensfläche bewegt sich zwischen 10.000 und 12.000 Hektar. Über ein Drittel der Fichtenwaldfläche im Landkreis ist in Mitleidenschaft gezogen. Der Borkenkäfer zerstört unaufhaltsam das Erbe von Generationen.
„Keine Frage, der Wald geht durch die Hölle. Aber die Frage lautet nicht: Bleibt der Wald? Sondern: Wie sorgen wir jetzt dafür, dass der Wald auch künftig allen Anforderungen gerecht werden kann, die an ihn gestellt werden? Dazu muss er sich verändern. Wir sprechen hier vom ‚Waldumbau‘, der sich rasch und nachhaltig vollziehen muss“, erläutert der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung (WBV) Kronach-Rothenkirchen, Markus Wich. Klar ist, der Wald muss zum Mischwald werden. Laubbäume wie Zerreiche, Baum-Hasel oder Orient-Buche sind auch im Süden Europas verbreitet und könnten im Frankenwald selbst dann gedeihen, wenn die Klimaerwärmung weit über zwei Grad hinausginge. Dazu kommen vor allem aus Nordamerika importierte Baumarten wie Douglasie, Robinie oder Küstentanne. Doch der Umbau des Waldes ist die eine Seite, die Vermarktung des Holzes die andere.
Das vom Bund geförderte Partnerprojekt „Zukunft Holz – Transformation einer Holzregion“ soll die entsprechenden Strukturen schaffen, Kräfte bündeln und Fördermittel generieren. Zielsetzungen des Projekts sind die Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die regionale Wertschöpfung, die Erhöhung der Innovationsdynamik, Beschäftigungswachstum, Fachkräftegenerierung und -qualifizierung, Gründung und Ansiedlung von Unternehmen sowie die Förderung der Wertschöpfungspotenziale durch erneuerbare Energien. Das Kronacher Projekt zielt darauf ab, den Waldumbau von Nadel- zu Laubmischwäldern zu begleiten und für die Zukunft eine nachhaltige Forstwirtschaft bzw. Waldwirtschaft in der Region zu schaffen.

Einige innovative Ansätze gibt es schon: Ein Gemeinschaftsprojekt der Technischen Hochschule Nürnberg und dem Sägewerk Müller-Gei zeigt beispielsweise, wie maschinengestütztes Lernen bei der Qualitätskontrolle im Sägewerk eingesetzt werden kann. Die Hochschule Coburg beschäftigt sich in enger Zusammenarbeit mit dem Ebensfelder Bauunternehmen Raab intensiv mit den Chancen des ökologischen Bauens und dem Einsatz umweltfreundlicher Baustoffe wie Holz auch in kleinen Wohneinheiten. Eine besondere Rolle könnte hier der Baustoff „Triqbriq“ spielen, der den konventionellen Ziegel oder Kalksandstein ersetzen kann. Die sogenannten „Briqs“, erinnern in Form und Funktionsweise an das „Lego“-System. Sie werden nicht mit Mörtel verklebt, sondern ganz leimlos ineinander gesteckt. Das spart gegenüber dem Einsatz klassischer Baumaterialien mindestens 20 Prozent Bauzeit. Der „Stein“ ist mikromodular aufgebaut – das macht ihn besonders stabil. Hergestellt wird der Baustoff aus Käfer- bzw. Kalamitätenholz – und davon gibt es in der Region rund um Franken- und Thüringerwald aktuell Unmengen. Die kompakten Produktionsanlagen für den „TriqBriq“ lassen sich platzsparend in jedem Sägewerk installieren. Damit können aus Schadholz leistungsfähige Bausteine hergestellt werden. Und zwar da, wo das Holz wächst, geschlagen und verarbeitet wird, d.h. ohne lange Transportwege. Eine von vielen neuen Chancen für die heimische Holz-Wirtschaft.

