Ausgabe Juli / August 2025 | Geschichte(n)

Die fränkische Krone

Sächsische Festung, Bergschloss ­Friedrichs des Weisen, Lutherveste und Fränkische Krone – mit der Veste Coburg verbindet sich große Geschichte. Heuer feiert das monumentale Bauwerk sein 800jähriges Jubiläum.

Text: Sabine Raithel
Veste Coburg, Luftaufnahme von Süden
Veste Coburg, Luftaufnahme von Süden. Foto: Dr. Otmar Fugmann

Die Renaissance – eine Zeit des Aufbruchs, geprägt von der Medienrevolution des Buchdrucks, der Reformation, dem Bauernkrieg und dem Aufbegehren des „gemeinen Volkes“, aber auch eine Zeit der Entdecker und Gelehrten. Der Humanismus etabliert sich als Geisteshaltung, die den Menschen neu definiert und in den Mittelpunkt von Kunst, Kultur und Wissenschaft rückt. Eine Blütezeit für Gelehrte, Künstler und andere innovative Kräfte. In Deutschland gehören bedeutende Persönlichkeiten zu den wichtigsten Treibern dieser Bewegung: Kurfürst Friedrich III. von Sachsen (1463 – 1525), genannt „der Weise“, sein Bruder Kurfürst Johann von Sachsen, genannt „der Beständige“ (1468 – 1532), der berühmte Maler und multitalentierte Unternehmer Lucas Cranach d. Ä. (1472 – 1553), der kirchenpolitische Akteur und theologische Autor Philipp Melanchthon (1497 – 1560) sowie der Augustinermönch und Urheber der Reformation, Martin Luther (1483 – 1546). Bei der großen Landesteilung 1485 gelangte die „Pflege Coburg“ an Kurfürst Ernst (1441 – 1486), den Begründer der ernestinischen Linie des Hauses Wettin. Unter seinen Söhnen, Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen erlebte die Veste Coburg ihre Blütezeit als reich ausgestaltetes Bergschloss. Sie war fürstliche Residenz, hatte aber auch strategische Relevanz als südliche Grenzburg der sächsischen Territorien. An der prachtvollen Ausgestaltung der fürstlichen Wohn- und Repräsentationsräume war Lucas Cranach d.Ä., der ursprünglich aus dem benachbarten Kronach stammte, beteiligt. Er war es auch, der bis heute das Bild von Luther und das der Reformation prägte. Martin Luther verdankt Cranach nicht nur seine berühmten Porträts, sondern auch als erfolgreichstes Marketinginstrument seine schön gestaltete Bibel. Die Kunstsammlungen der Veste Coburg beheimaten einen bedeutenden Schatz an Cranach-Werken. Würde man heute, im Jahr 2025, einen Spielfilm drehen, in dem man die Verzahnungen der Freundschaft und der Schicksale dieser großen und für die Zeit prägenden Männer nachzeichnen würde, dann wäre die Veste Coburg ein wesentlicher Drehort. Wir machen einen Zeitsprung in das Jahr 1530. Am 15. April, einem Karfreitag, schiebt sich ein massiger Tross durch Coburg: mehr als einhundert Ritter, Edelleute, Soldaten, an der Spitze Kurfürst Johann der Beständige begleitet von den Theologen Martin Luther, Philipp Melanchthon und Justus Jonas. Kurfürst Johann will nach Augsburg, wo beim Reichstag die „Confessio Augustana“ verlesen werden soll. Luther, mit Reichsacht und Kirchenbann belegt, muss aus Sicherheitsgründen – jedoch zunächst gegen seinen Willen – zurückbleiben. Luther wird von April bis Oktober 1530 im Schutz der Veste sicher und ungestört arbeiten können. Um die 120 Briefe schreibt er hier, viele davon an Melanchthon. Sie belegen, wie er von der Veste Coburg aus versuchte, die Verhandlungsführung der Protestanten in Augsburg in seinem Sinne zu beeinflussen.

Die Große Hofstube der Veste Coburg entstand nach Brand 1499/1500 als einer der großen Festsäle seiner Zeit.
Die Große Hofstube der Veste Coburg entstand nach Brand 1499/1500 als einer der großen Festsäle seiner Zeit. Foto: Kunstsammlungen der Veste Coburg

165 Tage lang bewohnt Martin Luther zwei Zimmer, Stube und Schlafkammer, in der Steinernen Kemenate. Hier empfängt er zahlreiche Besucher, arbeitet an Bibel- und Äsop-Übersetzungen und verfasst mehr als ein Dutzend programmatische Schriften. Mit schwarzen Lettern schreibt er an die Stubenwand: „Non moriar sed vivam et narrabo opera domini – Ich werde nicht sterben, sondern leben und die Werke des Herrn verkündigen“. Die Coburger Zeit gilt als eine der produktivsten Phasen in seinem Leben – und das trotz gesundheitlicher Beschwerden, Sorgen und Phasen tiefer Verzweiflung.

Artillerieausstellung auf der Gedeckten Batterie.
Artillerieausstellung auf der Gedeckten Batterie. Fotos: Kunstsammlungen der Veste Coburg
Sanierung der ­Bärenbastei, 1964.
Sanierung der ­Bärenbastei, 1964.

Die Geschichte von Luther auf der Veste, sie ist eine von vielen erzählenswerten Begebenheiten, die sich im Laufe der wechselvollen 800jährigen Historie der Veste Coburg ereignet haben. Einer Burg, die mal als herrschaftliches Schloss, mal als Zuchthaus und mal als Krankenanstalt taugte.

„Sieht man die Veste aus der Ferne, namentlich von Süden her, so hat ihre äußere Gestalt Ähnlichkeit mit einer Krone, und da sie die höchste Lage im Umkreis mehrerer Stunden einnimmt, scheint sie als solche über den Bergen zu schweben…“, so rühmte Gustav von Heeringen die Veste Coburg in seinen „Wanderungen durch Franken“ um 1840. Dass der Beiname „Fränkische Krone“ bis heute Bestand hat, liegt zum einen an den gewaltigen Ausmaßen der Höhenburg, zum anderen an den beiden großen Restaurierungskampagnen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, bei denen man speziell auch die Silhouette der Burg in malerischer Form gestaltete und der „Fränkischen Krone“ kurzerhand prägnante Zacken hinzufügte. Die Veste Coburg ist damit ein herausragendes Beispiel für Baugeschichte im Allgemeinen und für den historistischen Umbau von Burgen im Besonderen. Alte Urkunden erwähnen die „Koburg“ seit dem 11. Jahrhundert; im Jahr 1225 jedoch wird sie erstmals als Schloss bezeichnet. In diese Zeit fallen auch die baulichen Anfänge der heutigen Anlage. Die exaktere Geschichte musste noch im Sommer des vergangenen Jahres ergänzt bzw. in Teilen umgeschrieben werden.

Hauptportal der Veste Coburg mit Brücke und Bulgarenturm.
Hauptportal der Veste Coburg mit Brücke und Bulgarenturm. Fotos: Kunstsammlungen der Veste Coburg

Denn da entdeckten Historiker im Rahmen eines Forschungsprojektes im ehemaligen Kartoffelkeller des Bauwerks zwar keine historischen Knollen, aber eine andere, zentnerschwere Sensation: ca. drei Meter neben dem Südtor, durch das heute die Besucher eintreten, fanden sie Buckelquader aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts sowie Spuren eines Rundbogen-Tores, das vor 800 Jahren den südlichen Zugang zur Burg bildete. Für die Experten ein Beleg dafür, dass sich hier bereits zur Stauferzeit eine Ringmaueranlage mit Tor nach Süden befand und zudem ein steinharter Beweis für die These, dass die Veste Coburg zum handverlesenen Kreis der romanischen Burgen in Deutschland gezählt werden darf. Immer wieder war die Anlage steingewordener Spiegel ihrer Zeit. Immer wieder diente sie als Folie für Ideengeschichte und Ideologien. Wer auf der Veste gelebt hat, welche Belagerungen sie überstanden hat, welche Architekten über die Jahrhunderte ihre bauliche Handschrift hinterließen und wie sie speziell im 19. und 20. Jahrhundert umgestaltet wurde – all dies wird in einer breit angelegten Sonderausstellung beleuchtet. Empfehlung: unbedingt ansehen!

Ausstellung: „Burg, Schloss, Fränkische Krone – 800 Jahre Veste Coburg“
4. Juli bis 9. November 2025
Mehr Infos unter:
www.veste.kunstsammlungen-coburg.de

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