Mit ausgewogener Ernährung durch den Winter
Damit Honigbienen erfolgreich überwintern, müssen einige Faktoren zusammenspielen. Ein Forschungsteam der Universität Würzburg hat einen entscheidenden identifiziert: Je vielfältiger die Nahrung, desto größer die Überlebenschancen.
Text: Lutz Ziegler

In gemäßigten Klimazonen stellt der Winter für Honigbienen eine große Herausforderung dar. Um ihr Überleben zu sichern, müssen die Tiere die passende Temperatur im Bienenstock aufrechterhalten und die nächste Generation Arbeiterinnen heranziehen. Von entscheidender Bedeutung ist außerdem die Verfügbarkeit von Blütenpollen als Nahrung.
Dabei kommt es nicht nur auf die reine Menge an. Wie ein Forschungsteam der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) festgestellt hat, spielt auch die Vielfalt der verfügbaren Pflanzen eine wichtige Rolle.
Ausgewogene Ernährung sorgt für resiliente Bienen
Ähnlich wie wir Menschen benötigen auch Bienen verschiedene Nährstoffe: Aminosäuren, Fettsäuren, Vitamine, Proteine und Mineralien. „Von einer reichhaltigen und ausgewogenen Ernährung hängt nicht nur die erfolgreiche Entwicklung der Brut ab, sie fördert auch die allgemeine Gesundheit des Bienenvolkes – und gesunde Bienen sind widerstandsfähiger gegen Stressoren“, erklärt die Biologin Giulia Mainardi. Sie arbeitet als Doktorandin am Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie an diesem Projekt. Auch sogenannte „Winterbienen“, die das Bienenvolk während der kalten Monate versorgen, sind auf qualitativ hochwertige Nahrungsressourcen angewiesen.
Im Zentrum des Würzburger Forschungsprojekts stand die Frage, inwieweit unterschiedliche Landschaften und Wetterbedingungen die Überlebensrate von Honigbienen-Kolonien beeinflussen. Dafür ermittelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl in Deutschland als auch in Frankreich und Griechenland die Pollendiversität – also die Vielfalt der Blüten, welche die Bienen sammelten – sowie die Anzahl der Tage, an denen die Bienen wetterbedingt auf Nahrungssuche gehen konnten.

Pollenvielfalt im Wandel der Jahreszeiten
„Wir stellten fest, dass Gebiete mit hoher landwirtschaftlicher Nutzung den Bienen im Herbst eine größere Vielfalt an Pollen anbieten. Das dürfte auch auf Agrarumweltmaßnahmen wie ökologische Landwirtschaft, Blühstreifen und Zwischenfruchtanbau zurückzuführen sein“, so Mainardi.
Im Sommer war die Pollendiversität dagegen in naturnahen Gegenden größer. „Vermutlich, weil diese auch dann ein breiteres Pflanzenangebot aufweisen, wenn Agrarflächen nach der Blüteperiode der dominanten Nutzpflanze einen Blütenmangel zu verzeichnen haben“, fährt Giulia Mainardi fort.
Insgesamt zeigt die Würzburger Studie, dass Honigbienenkolonien eine deutlich höhere Überlebensrate aufweisen, wo sie eine hohe Vielfalt an Pollen vorfinden. Mit Blick auf die Wetterbedingungen waren die Ergebnisse dagegen weniger eindeutig. „Unsere Studie untermauert, dass das Überleben der Kolonien über den Winter nicht nur von Parasiten, wie etwa der Varroamilbe, oder nachteiligen Weiterbedingungen, sondern eben auch von der Qualität der verfügbaren Nahrungsressourcen abhängig ist“, erklärt Ingolf Steffan-Dewenter, Inhaber des Lehrstuhls für Tierökologie und Tropenbiologie und Leiter der Studie.
Tier und Mensch profitieren
Die klare Empfehlung der Forschenden lautet deshalb, die Pflanzenvielfalt zu erhalten und auszubauen – und zwar durch die Zusammenarbeit von Bienenzüchtern, Landwirtschaft, Stadtplanung und Aktivisten. Davon würden auch andere wichtige Bestäuber wie Hummeln, Schmetterlinge, Schwebfliegen oder Wildbienen profitieren. Und am Ende sichern solche Maßnahmen auch die Bestäubung – eine wichtige Voraussetzung für ertragreiche Ernten und letztlich die Nahrungsversorgung des Menschen.